

Herrenporträt
Adolf Höfer, Herrenporträt, 1912, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm, Privatbesitz, © Foto: Frohmut GerheuserBemerkenswert unter den Gemälden von Adolf Höfer ist ein repräsentatives „Herrenporträt“ aus dem Jahr 1912. Das Mittelformat sticht innerhalb seines Schaffens schon durch seine Größe hervor.Dargestellt ist ein eleganter Herr mittleren Alters. Er trägt einen hellen Anzug, ein blütenweißes Hemd und ein passendes Einstecktuch. Das gekonnt gebundene Plastron ist mit einer goldenen Nadel geschmückt. Der Porträtierte ist als Dreiviertelfigur, sitzend mit übereinander geschlagenen Beinen gegeben. Die Arme sind vor der Brust verschränkt. Seine gelassen souveräne Haltung, die goldene Zigarettenspitze in der Linken und der goldene Siegelring verleihen dem Herrn die Attitüde eines Gentleman.Die Bildfigur nimmt fast den gesamten Bildraum ein, sie gewinnt dadurch und durch den ruhig auf den Betrachter gerichteten Blick eine hohe Präsenz.Interessant ist auch die pastellige, für ein Männerbildnis unerwartete zarte Farbigkeit.Höfer baut alle Bildpartien, den Hintergrund, ebenso wie den Anzug des Porträtierten und das Inkarnat, aus denselben Farben, nur in unterschiedlicher Gewichtung, auf. Fleckig setzt er einen Rosaton, helles Blau, das zuweilen in ein zartes Flieder spielt, und frische Grünnuancen nebeneinander. Das wirkt einerseits modern. Höfer schöpft aus der Erfahrung des Impressionismus, dass Bildgegenstände, besonders weiße Stoffe, aber auch die menschliche Haut, unter einem spezifischen Lichteinfluss die Farbigkeit der Umgebung aufnehmen. Aber es gibt in der Kunstgeschichte auch noch einen weiteren historischen Diskurs, den Höfer, der zu dieser Zeit ja an der Münchner Damenakademie unterrichtete und sich vielleicht auch mit Kunsttheorie befasst hat, möglicherweise interessiert haben könnte. Kunsthistoriker wie Hans Sedlmayer, Martin Warnke oder Lorenz Dittman, haben sich mit den kunsttheoretischen Schriften des Barockmalers Peter Paul Rubens beschäftigt und eine Beobachtung eingeordnet, die im Rubenssaal der Alten Pinakothek in München jedem ins Auge fällt. Rubens kannte das Geheimnis, das Inkarnat aus den drei Grundfarben Gelb, Rot und Blau oder in Rosa-, Hellblau- und Gelbnuancen aufzubauen, um eine möglichst überzeugende Lebendigkeit zu erreichen. Diese Allfarbigkeit oder panchromatische Malweise sollte es ermöglichen, lebendiges, atmendes Fleisch darzustellen und den Eindruck vermitteln, dass das Blut in den bläulich hervortretenden Adern pulsiert (Dittmann S. 48, 55, 67).Hautfarbe mittels eines Drei-Farben-Akkords zu erschaffen, bezeichnet man als eine pantochrome Farbgebung.Der Maler Adolf Höfer verwendet denselben Lilaton für die Konturen und sein Monogramm A. H. mit der Datierung VI 12, das er, nicht unauffällig, schräg in der linken unteren Ecke platziert hat.Text: Regina M. FischerLITERATURDittmann, Lorenz: Versuch über die Farbe bei Rubens, in: Hubala, Erich (Hrsg.): Rubens: Kunstgeschichtliche Beiträge, Konstanz 1979, S. 37-72.Gerheuser, Frohmut: Adolf Höfer (1869-1927), Gemälde, Nachtrag zum Katalog von 2011, in: Höfersche Familienschriften, 5 (2020), S. 1-4.Teilen